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227 Sanierung: Einfamilienhaus 1190 Wien

„Wir haben dieses Haus gekauft, weil es die einmalige Chance bot, in der Stadt aber doch mit Garten zu wohnen. Dass die Bausubstanz problematisch und die nicht vorhandene Zufahrt den Umbau verteuert, war uns bewusst, hat aber auch den Kaufpreis reduziert.“

Tatsächlich war das Einfamilienhaus bautechnisch in einem schlechten Zustand. Das freistehende eingeschossige Häuschen aus der Nachkriegszeit wurde über die Jahrzehnte sukzessive erweitert und aufgestockt. Der einzige Verbindungsweg war ein 60cm breiter Fußweg mit Treppen und Rampen über 100 Meter bis zur Straße. In dieser Situation ging es also darum, mit vertretbarem ökonomischem Aufwand einen möglichst hohen  Qualitätsstandard zu erreichen.

Nach ausführlichen Analysen entschied man sich, keine Kräne oder Seilbahnen einzusetzen, sondern eine 120cm breite Holzrampe über den bestehenden Fußweg zu bauen. Die Mehrkosten aufgrund der Tatsache, daß alles Material händisch oder mit kleinem Kipper transportiert werden musste, wurde ursprünglich mit 10% angenommen. Tatsächlich waren es aber 20-25% Mehrkosten gegenüber einer Baustelle auf der grünen Wiese. Da alles Material zum Bauplatz getragen werden musste, gab es auch ein Gewichts- und somit auch Größenlimit für Bauteile wie Fenster und Türen, die ja mit den heute üblichen Dreifachverglasungen sehr schwer sind.

Thermische Sanierung auf Niedrigenergieniveau

Wie bei vielen Altbauten lag auch hier die Energiekennzahl vor der Sanierung rechnerisch bei über 200 kWh/m²a nach OIB. Der erreichte Zielwert von 28 kWh/m²a bedeutet eine Verbesserung um den Faktor 7,6, die spezifische Heizwärmebedarf beträgt also nur mehr 13% des Ausgangswertes. Aus einem Altobjekt ein Passivhaus zu machen, ist in den meisten Fällen nur mit unvertretbar hohem Aufwand möglich. Entweder es fehlen die nötigen Raumhöhen zur Unterbringung von Dämmung oder die Dicke von Fassadendämmungen ist aus baurechtlicher Sicht beschränkt. Bei diesem Gebäude wurden die bestehenden Außenwände mit 12 – 20cm EPS-Vollwärmeschutz versehen.

Im Erdgeschoss zeigten sich die Grenzen der technischen Machbarkeit ganz besonders deutlich. Die Fundamente waren nur teilweise vorhanden. Auch von einer normgemäßen horizontalen Feuchtesperre konnte keine Rede sein. In solchen Fällen muss dem Auftraggeber klar sein, dass er bei einer Sanierung Kompromisse eingeht.

Technische Sanierung

Neben ganz banalen Herausforderungen wie der Erzielung einer zeitgemäßen Luftdichtheit und möglichster Wärmebrückenfreiheit überrascht ein Altobjekt Planer und Ausführende immer wieder mit unvorhersehbaren Details. So mussten die unterschiedlichen Wandstärken im Obergeschoss durch eine gedämmte Vorsatzschale ausgeglichen werden, um darauf erst den Vollwärmeschutz aufbringen zu können.

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Die Holzwände des Dachgeschosses waren in einem so schlechten Zustand, dass sie ausgetauscht werden mussten. Die Dachkonstruktion selbst war in Ordnung, und wurde daher weiter verwendet und mit 40cm Dämmung gefüllt. Das alte Eternitdach wurde entfernt, mit einem normgemäßen Unterdach versehen und mit Aluminiumschindeln neu gedeckt.

Die Fassade des Dachgeschosses wurde begradigt und mit einer Eternitstülpdeckung versehen, die der Leichtigkeit des Daches entspricht. Eine Dachterrasse mit Holzboden ermöglicht auch hier den direkten Kontakt zur Natur.

Bei der Beleuchtung wurde grossteils auf moderne LED-Technik gesetzt. Für den Sonnenschutz dienen elektrisch angetriebene Raffstores. Die Gartengestaltung folgt dem klaren Konzept des Hauses mit ruhigen Linien und eckigen Formen. Abwechslungsreiche Gestaltung mit Wegen, die von kleinen Plätzen unterbrochen sind, betonen den intimen Charakter des Gartens.

 

Resümee

Letztlich wurde aus einem hässlichen Entlein ein moderner Schwan, der thermisch zwar keinem Passivhaus entspricht, aber ansonsten mit einem neugebauten Haus durchaus mithalten kann. Das wesentlichste ökologische Argument für die Sanierung eines Altbaus ist, dass Bausubstanz und darin steckende Energie nicht vernichtet wird, die bestehende Infrastruktur weiter genutzt werden kann und kein zusätzliches Bauland notwendig ist.

Für uns als Generalplaner ist entscheidend, dass der Eigentümer realisiert, dass der Wert seiner Immobilie mit der Qualität der Baumaßnahmen steigt. Nur höchste Bauqualität hat heutzutage einen entsprechenden Wiederverkaufs- und Veranlagungswert. Billigsanierungen sind somit echte Geldvernichtung. Ein gelungener Umbau stellt aber nicht nur ein Beispiel für nachhaltigen Umgang mit Ressourcen dar, sondern belohnt seine Nutzer auch mit seinem ganz eigenen Flair und seiner Geschichte.

Fotos: Bernhard Müller

 

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