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„Reißen S‘ die alte Hütte doch weg, und bauen S‘ was G’scheites.“

Althaussanierung ist eine gute Sache, meint Architekt  Heinrich Schuller.

 

Mit einer Sanierung werden keine wertvollen Ressourcen verschwendet, die Infrastruktur und Verkehrsanbindung sind vorhanden, die Bausubstanz baubiologisch oft besser als manches neu gebaute Haus. Althaussanierung ist also grundsätzlich sinnvoll. Die Frage ist also nur, wie das Gebäude nach einer Sanierung aussehen kann. Stimmen die Proportionen noch? Wird der Charakter verloren gehen? Soll man das Haus auf heutigen Stand bringen? Zahlt sich die Sanierung überhaupt aus? Wie soll man  mit einem alten Gebäude umgehen?

Vor vielen Jahren hatte ATOS die Aufgabe, ein sehr schönes aber baufälliges Haus in der Nähe Wiens zu sanieren. Wir nannten das Haus „Harold and Maude“, vereinten ganz bewusst Neues und Altes miteinander. Der zuständige Bausachverständige war ein erfahrener alter Bauhase und sagte obigen Satz. Wir haben nicht abgerissen. Noch heute steht dieses Projekt für Mut in der Architektur.

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Am Beginn jedes Sanierungsprojektes muss man sich ehrlich die folgenden drei Fragen stellen:

1) Ist die Bausubstanz in erhaltenswert?
Je besser der Zustand der Bausubstanz, umso wirtschaftlicher ist eine Sanierung. Sind Fundamente vorhanden? Ist das Mauerwerk feucht? Sind die Decken tragfähig genug? Sind die Raumhöhen zu niedrig?

2) Ist die Funktionalität gewährleistet?
Je leichter der Grundriss an neue Bedürfnisse angepasst werden kann, umso wirtschaftlicher ist eine Sanierung. Müssen tragende Wände ausgewechselt werden? Müssen Öffnungen verändert werden?

3) Ist die Architektur besonders wertvoll?
Je schöner ein Objekt ist, umso lieber investiert man in die Verbesserung.

Wenn zumindest zwei der drei obigen Fragen mit JA beantwortet werden können, sollte man über die Sanierung ernsthaft nachdenken. Einige Aspekte gibt es aber doch, die man wissen muss:

1) Sanierungen sind schwieriger als Neubauten
Ohne die Hilfe von Experten ist die Gefahr groß, dass die Sanierung zu einem Fass ohne Boden wird. Oder die Sanierung wird eher als Kosmetik betrieben und ist daher hinaus geschmissenes Geld. Den richtigen Mittelweg zu finden, erfordert eine ganzheitliche Betrachtungsweise. Dafür sind erfahrene Architekten die richtigen Partner.

2) Jede Zeit hat Ihre Architektur
Es wäre daher verlogen, bauliche Veränderungen oder Ergänzungen auf „pseudo-alt“ zu trimmen. Besser ist es, das Alte behutsam ökologisch zu sanieren und das Neue selbstbewusst und zeitgemäß in Kontrast zu setzen. Dadurch entsteht Spannung und ein reizvolles, abwechslungsreiches Ensemble.

3) Gerade am Land braucht es positive bauliche Impulse
Natürlich ist es leichter auf der grünen Wiese ein Fertighaus zu bauen, als im Ort ein altes Haus zu sanieren. Obwohl alle davon profitieren würden. Die Bewohner wären integriert und die Gemeinde würde sich aufwendige Erschließungen sparen. Mittlerweile ist das größte Problem ländlicher Regionen nicht die Verschandelung durch moderne Bauten sondern das Aussterben des ganzen Ortes, weil die Attraktivität fehlt.

Was könnte man tun?
Die Realität ist, dass alte Häuser in Dörfern und Städten gehortet werden und verfallen, bis sie nicht mehr sanierbar sind. Dann kann nur mehr abgerissen werden. Einige Ideen, die einen Sanierungs-Boom auslösen könnten:

1) Menschen, die im ländlichen Raum ein Haus sanieren möchten, sollten belohnt werden.
Seit ewigen Zeiten sind die Förderungen für Neubauten deutlich attraktiver als für Sanierungen. Obwohl Sanierungen mehr lokale Handwerker beschäftigen würden als Neubauten, wird daran nichts geändert.

2) Der Anreiz, ein unbenutztes Haus zu verkaufen, sollte steigen.
Ob dieser Druck durch Gemeindeabgaben, Begrenzung des Baulandangebots oder über finanzielle Anreize erfolgt, müssen Spezialisten klären.

3) Die Attraktivität kleiner Gemeinden muss steigen.
Wenn die Prognosen Recht haben, stirbt das Land aus. Städte sind einfach ein riesiger Magnet für Arbeitsplätze, Kultur, Leben. Was es dafür am Land gibt, ist Ruhe, frische Luft, Natur, Freiheit. Junge Menschen kaufen heute nicht mehr im Kaufhaus, sondern im Internet. Dörfer werden nie urban sein. Aber dezentrale Industrie, digitale Vernetzung, sharing community und der Trend zu Natürlichkeit sollten helfen, diesen gewaltigen Zug der Städte zu verringern. Was es braucht, sind mutige Gemeinden, die neue Wege gehen, um wieder attraktiver zu werden.

Dazu gehört natürlich auch eine neue Sicht auf die Qualität eines Dorfes oder einer kleinen Stadt. Ihr größter Vorteil ist, dass alles in Gehweite ist. Neue Wohnformen, wie Cohousing, versuchen diese Qualität unter Wahrung der nötigen Privatsphäre zu schaffen. Kinder können sich frei bewegen. Es gibt Flexibilität in den Wohnungsgrößen und ein Angebot an Gemeinschaftsflächen. Etwas Derartiges hat ATOS in Maria Anzbach geplant. Sieben individuelle Häuser auf einem gemeinsamen Grundstück.

 

241-21 ATOS Cohousing Strohsiedlung Maria Anzbach - ENT-111025-EG-p1

 

Es ist heute kein Problem mehr, interessierte Menschen aus aller Welt zu einem kreativen Workshop in jedes beliebige Dorf zu bringen. Es ist heute kein Problem mehr, sich den Einkauf vor die Türe liefern zu lassen. Es ist heute kein Problem mehr, ein Blueskonzert an einem See voll zu bekommen. Niemand kann also behaupten, dass es nicht möglich ist, Orte attraktiv zu machen. Was spricht gegen ein Co-Working-Haus auf dem Hauptplatz? Mit geeigneter Infrastruktur als Nukleus eines neuen Dorflebens. Was spricht gegen einen Kindergarten, der zugleich Musikschule und Kurszentrum ist. Was spricht gegen ein Street-Hotel, bestehend aus lauter leer stehenden Geschäftslokalen? Man muss nur flexibel denken und das nötige Know How für die Sanierung mitbringen.