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241 Ökosiedlung: Co-Housing Maria Anzbach

Grundstück

Das Grundstück mit einer Gesamtfläche von 4569m² liegt am Ende der Lughofgasse und steigt nach Süden stark an. 2917m² befinden sich im Widmungsgebiet Bauland Wohngebiet. An der nordöstlichen Ecke verläuft die Grenze einer gelben Zone mit Überschwemmungsgefahr. Alle geplanten Gebäude sind außerhalb der HQ100 Zone und es kommt durch die Geländeänderungen auf dem Grundstück zu keiner Einengung des Abflussquerschnittes.

Architektur

Der Gebäudekomplex besteht aus zwei Bauteilen mit je 3 und 4 Wohneinheiten, welche durch ein Gemeinschaftshaus miteinander verbunden sind. Aufgrund des Geländes ist das unterste Geschoss als Kellergeschoss ausgeführt, welches südseitig komplett eingegraben ist. Darüber befinden sich zwei Hauptgeschosse.

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Energie

Die einzelnen Häuser werden in Passivhausqualität nach OIB errichtet und erfüllen somit die Anforderungen der NÖ Wohnbauförderung für Eigenheimförderung Passivhaus. Daher erfüllen die Häuser auch die Anforderung Luftdichtheit n50 > 0,60 und Energiekennzahl > 10kWh/m²a. Die Beheizung erfolgt mit einer zentralen Pelletsheizung, welche sich im Gemeinschaftshaus befindet. Unterstützt wird die Heizung durch eine dachintegrierte thermische Solaranlage sowie eine Fotovoltaikanlage.

Für ein perfektes Raumklima sorgen die dezentralen Lüftungsgeräte mit Wärmetauscher, welche jeden Aufenthaltsraum mit Frischluft versorgen und die Nebenräume entlüften. Diese Lüftungsgeräte befinden sich in den einzelnen Kellergeschossen.

Anfallendes Dachwasser wird in einer zentralen Zisterne unter den Stellplätzen gesammelt und als Brauchwasser für Garten und WC-Spülung eingesetzt. Der Überlauf fließt in einen Sickerschacht auf dem Grundstück. Die Kanalleitungen in den einzelnen Wohneinheiten werden an der jeweils höchsten Stelle mit einer Strangbelüftung versehen, die bei Unterdruck ein Ventil öffnet. Zusätzlich wird in Haus 5 eine zentrale Strangentlüftung über Dach geführt.

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Effiziente Planung kooperativer Bauprojekte

am Beispiel CO-Housing Maria Anzbach

Co-Housing beschreibt eine Wohnform, die einen hohen Grad an Kooperation zwischen den Bewohnern einer Wohnhausanlage oder einer Siedlung als Ziel formuliert. Natürlich bleiben die familiären Strukturen dabei unangetastet. Die Gruppe, im obigen Fall 7 Familien mit durchschnittlich 2 Kindern, sucht in einer meist individuellen Baustruktur sozialen Zusammenhalt und Gemeinschaft, die andere Wohnstrukturen oft nicht bieten. Das beginnt bei der gemeinsamen Planung, geht über Kinderbetreuung und gemeinschaftliches Handwerken und Gärtnern, Carsharing bis zur flexiblen Nutzung von Räumen.

Ein zweiter wesentlicher Aspekt ist der hohe Grad an Selbstbestimmung hinsichtlich der Gestaltung, Qualität, Ausstattung, als auch der Infrastruktur und laufenden Betreuung der Wohnanlage. Meist wird versucht, einen individuellen Ausdruck der Gemeinschaft auch in der baulichen Darstellung zu finden. Diese Form der Selbstverwirklichung sollte von Architekten begleitet werden, die über die nötige Flexibilität und Erfahrung mit qualitätsvollem Bauen unter Berücksichtigung der Baukosten haben.

Beide Ziele – soziale Gemeinschaft und Selbstbestimmung – erfordern neben viel Engagement, Durchhaltevermögen und Aufgeschlossenheit auch besonders den achtsamen Umgang miteinander. Darunter versteht man die Fähigkeit, andere Meinungen zu akzeptieren, Gefühle von Urteilen trennen zu können, und Konsenslösungen zu suchen. Je mehr Zeit eine Bewohnergruppe in diesen achtsamen Umgang investiert, umso schneller und leichter können tragfähige Entscheidungen getroffen werden.

Soziale Kompetenz ist also ein guter Pfeiler eines Co-Housing-Projektes. Je mehr Erfahrung die Beteiligten mit Methoden wie z. B. der „Gewaltfeien Kommunikation“ nach  Marshall B. Rosenberg oder NLP haben, umso reibungsloser kann auch der Planungsprozess laufen. Beim Co-Housing-Projekt in Maria Anzbach war diese Voraussetzung auch durch die hohe kommunikative Kompetenz der augenblicklich 8 Gruppenmitglieder gegeben.

Auch bei einem Gemeinschaftsprojekt geht es darum, dass sich jeder Beteiligte über seine Ziele, Bedürfnisse, Wünsche und Möglichkeiten klar wird. Diese müssen nicht zu Beginn eines Planungsprozesses fest stehen, sondern entwickeln sich erst im Prozess des Planens. So war z. B. bei den Familien der Wunsch nach einer flexiblen Erweiterungsmöglichkeit aufgrund der unklaren zukünftigen Familien- und Berufssituation gegeben. Daher wurde im Rahmen der Workshops die Idee geboren, völlig eigenständige Einheiten mit 25 m² zu schaffen, die über eine eigene Sanitäreinheit und eigenen Eingang verfügen. Somit können diese als behindertengerechte Gästeeinheit, als Wohneinheit für eine Betreuungsperson, für ein erwachsenes Kind oder als selbst genutztes oder vermietetes Büro genutzt werden.

Um den gemeinsamen Planungsprozess so effizient und überschaubar wie möglich zu gestalten, hat ATOS einen workshopartigen Ablauf für die Vorentwurfsphase entwickelt. Dieser sieht halbtägige Zusammentreffen vor, die aufeinander aufbauend einzelnen Themen gewidmet sind. Zusätzlich gibt es Besprechungen mit den einzelnen Familien, um die individuellen Bedürfnisse besprechen zu können.

Diese Gruppenworkshops sollten im Abstand von etwa 14 Tagen stattfinden. Dieser kurze Abstand ermöglicht  das rasche Vorankommen und vermeidet, dass das Besprochene wieder vergessen wird. Diese kompakten Workshops erzeugen auch einen gewissen Zwang zur Klarheit. Entscheidungen, die die Gruppe untereinander zu klären hat, werden ausdrücklich ausgeklammert. Die Fokussierung der Workshops auf Themen verhindert auch, dass das Ziel des Workshops aus den Augen verloren wird. Die Zeit zwischen den Workshops wird von ATOS für die Erarbeitung der Grundlagen und Pläne, und von der Gruppe zur Auseinandersetzung mit dem Besprochenen genutzt. Die Struktur der Workshops sieht in etwa folgendermaßen aus:

Workshop 1:

Zielformulierung, Grundlagen, Grundstück, Baurecht, Finanzrahmen

Workshop 2:

Möglichkeiten der Bebauungsstruktur, Stärken/Schwächen-Analyse

Workshop 3:

Festlegung der Bebauungsstruktur, Grundrisse

Workshop 4:

Gebäudeform, Architektur, Oberflächen

Workshop 5:

Bautechnik, Oberflächen, Gemeinschaftseinrichtungen

Workshop 6:

Fragen zu Baubiologie, Ökologie, Behaglichkeit, Luftfeuchte etc.

Workshop 7:

Freiraumgestaltung, Nutzungskonzept, Ideenskizzen

Workshop 8:

Haustechnikkonzept, Kostenschätzung

Nach dieser intensiven Konzeptphase werden die Vorentwurfspläne fertig gestellt und mit einer Baubeschreibung versehen, so dass ein potentieller Generalunternehmer in der Lage ist, ein erstes Offert über das gesamte Projekt zu legen. Die Optimierung des Projektes erfolgt auf Basis der vorhandenen Richtofferte in zwei weiteren Workshops, nach denen das Anbot überarbeitet wird und das Vorentwurfskonzept abgeschlossen ist. Im Idealfall kann anschließend die baubehördliche Einreichung durchgeführt, das Projekt einem Generalunternehmer übergeben oder im Ausschreibungsverfahren der Bestbieter ermittelt werden.

Der zeitliche Aufwand dieses Planungsprozesses hängt natürlich von der Komplexität und Größe des Projektes ab. Zum Aufwand der Workshops von 5 Std. kommen mind. 15 Std. Planungszeit zwischen den Workshops. Bei insgesamt 10 Workshops ist von einem Mindestaufwand von 200 Std. mit Sicherheit auszugehen. Der betreuende Architekt sollte aufgrund der Vorinformationen in der Lage sein, den zu erwartenden Aufwand grob abzuschätzen. Im Regelfall werden ein Haustechnik- sowie Freiraumplaner beizuziehen sein.

Was sind die Vorteile dieses Konzeptes der kooperativen Planung:

  • Planbarkeit des zeitlichen/finanziellen Aufwands für den Planer als auch die Gruppe
  • Klare Struktur für aufbauende Entscheidungen nach den notwendigen Prioritäten
  • Konzentration auf ein Thema innerhalb eines Workshops
  • Transparenz des Planungsprozesses durch ständige Kommunikation der Ergebnisse

Private Gemeinschaftsprojekte erfordern vom betreuenden Architekten ebenso wie von der Gruppe ein hohes Maß an Flexibilität. Im Idealfall wird aber die kreative Entwicklung von Ideen von beiden Seiten als lustvoll und bereichernd erlebt.

Architekt DI Heinrich Schuller – ATOS Architekten

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